Gassenhauer

Gassenhauer

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Gạs|sen|hau|er 〈m. 3beliebtes u. vielgesungenes, dem Schlager ähnliches Lied [zu frühnhd. hauen als Kraftwort für „gehen“; eigtl. „Pflastertreter, Nachtschwärmer“, dann die von den Nachtbummlern gestampften Tänze mit ihren Melodien]

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Gạs|sen|hau|er, der [urspr. = Nachtbummler, zu hauen in der früheren Bed. »treten, laufen«, dann das von Nachtbummlern gesungene Lied] (ugs. veraltend):
[auf den Straßen gesungenes] allbekanntes, triviales Lied:
einen G. singen, pfeifen, grölen.

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Gassenhauer,
 
bereits seit dem 16. Jahrhundert bekannte Form des Straßenliedes, die im 19. Jahrhundert jedoch von den mit der Industrialisierung verbundenen Veränderungen der Städte erheblich geprägt wurde und hier ihre größte Popularität erhielt. Der Gassenhauer des 19. Jahrhunderts gehört zu den musikalischen Traditionslinien des Schlagers. Der Begriff ist seiner Herkunft nach eigentlich ein Kraftwort für auf der Straße vagabundierende Personen, im Sinne von Gassengänger oder Pflastertreter, wurde dann aber auch auf deren Lieder übertragen und in diesem Sinne schließlich als Bezeichnung für das städtische Straßenlied überliefert. Analog dem traditionellen städtischen Volkslied lebt der Gassenhauer auf der Straße, wird hier umgesungen, auch mit zusätzlichen Strophen versehen und in immer wieder neuen Varianten weitergegeben. Seine musikalischen Vorlagen entstammen im Unterschied zum Volkslied aber aus sehr heterogenen Quellen bereits vorhandener Musik, neben den Restbeständen des traditionellen Volksliedes vor allem der zeitgenössischen Tanz- und Unterhaltungsmusikproduktion. Deren populärste Melodien wurden auf der Straße fantasievoll mit neuen Texten versehen, zur treffsicheren Parodie umgewandelt und mit unüberhörbarem Lokalkolorit überzogen. Eine große Rolle spielten dabei die herumziehenden Drehorgelspieler und gewerbsmäßigen Straßensänger, die die bereits dem städtischen Lebenszusammenhang angepassten Vorlagen lieferten, oft auch gleich in gedruckter Form als Flugblatt, das sie nach ihren Darbietungen auf den Straßen und in den Hinterhöfen verkauften. Mit dem sich entfaltenden Verlagswesen kamen solche Flugblattlieder auch aus der Feder professioneller Schreiber, begannen auf der Straße dann jedoch ein Eigenleben zu führen. Dabei wurden sie von den das Straßenmilieu beherrschenden sozialen Gruppen geprägt, dem spöttischen Witz der Halbwüchsigen, der antibürgerlichen Gossenperspektive des Lumpenproletariats und der Biedermeierlichkeit des Kleinbürgertums. Sie spiegeln Lokalereignisse, Klatsch und Tratsch, das Straßenleben mit seinen Geschäften, Verkehrsmitteln und Vergnügungsstätten. Noch heute bekannte typische Beispiele des Berliner Gassenhauers sind etwa »du bist verrückt, mein Kind« auf die Melodie eines Marsch-Chores aus Franz von Suppés (1819-1895) Operette »Fatinitza« (1876), »Mutter, der Mann mit dem Koks ist da«, gesungen nach einem Walzerlied aus Karl Millöckers (1842-1899) Operette »Gasparone« (1884), sowie das »Komm, Karlineken, komm, wir woll'n nach Pankow gehn« auf eine seinerzeit sehr populäre Marschmelodie des Hamburger Komponisten Emil Ascher (1848-1919).

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Gạs|sen|hau|er, der [urspr. = Pflastertreter, Nachtbummler, zu ↑hauen in der früheren Bed. „treten, laufen“, dann das von Nachtbummlern gesungene Lied] (ugs. veraltend): [auf den Straßen gesungenes] allbekanntes, triviales Lied: einen G. singen, pfeifen, grölen.

Universal-Lexikon. 2012.

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